Die Steigflugphase

Nach der Zündung der Feststoffraketen beginnt wegen des rapiden Schubaufbaus unmittelbar der Steigflug. Nach dem Abheben und Passieren des Blitzschutzmastes der Startrampe wird die Flugleitung vom Raumflugkontrollzentrum in Houston, Texas übernommen.

Die Hauptcomputer der Raumfähre steuern über Bewegungen der Düsen der Haupttriebwerke und der Feststoffraketen die Flugbahn der Raumfähre. Sie überwachen auch alle anderen Funktionen des Systems. Die Astronauten überwachen lediglich die Triebwerksfunktion und geben nur in Fällen von Fehlfunktionen manuell Befehle in die Computer ein. Die Düsen der Main Engines können um jeweils 10,5 Grad Gier- und Neigungswinkel geschwenkt werden.

Der Schublevel der Triebwerke ist abhängig vom Missionsprofil und beträgt im Normalfall 104 %. In Notfallsituationen kann der Schub bis auf 109 % gesteigert werden. Während des Steigfluges durch die Atmosphäre steigt der Gegendruck auf das Shuttle-System. Deshalb wird nach etwa 30 Sekunden Flug und vor Erreichen der höchsten Belastung (MaxQ - maximaler dynamischer Staudruck) und zum Schutz vor größerer Erhitzung die Triebwerksleistung gedrosselt. Die Triebwerke liefern dann normalerweise 67 % Schub für etwa 35 Sekunden. Dieses nennt man den "Schubkübel" (Thrust Bucket). Auch der Treibstoff in den Feststoffboostern ist entsprechend ausgelegt. Nach 65 Sekunden Flugzeit wird der Schub wieder auf volle Leistung gesteigert.

Nach zwei Minuten sind die Feststoffraketen ausgebrannt, werden durch kleine Sprengladungen abgetrennt und mittels sog. Booster Separation Motors abgestoßen.

Die Triebwerke liefern nun 104 % Schub bis die Belastung nach etwa 7:40 Minuten die dreifache Erdbeschleunigung (3 g) erreicht hat. Dann werden sie erneut gedrosselt, um die Belastung nicht weiter ansteigen zu lassen.

Nach etwa 8,5 Minuten endet der Steigflug mit dem Abschalten der Haupttriebwerke in einer vorläufigen Umlaufbahn. Etwa 10 Sekunden vor Brennschluß beginnt die Abschaltsequenz. Drei Sekunden später werden die Triebwerke in Intervallen von 10 % je Sekunde bis auf 67 % Schub gedrosselt.

Das Abschalten, sog. Main Engine Cutoff (MECO) erfolgt durch Befehl Hauptcomputer. Dann schließen die Ventile in der 43-cm-Versorgungsleitung zwischen Außentank und Orbiter. Der Tank wird durch kleine Sprengladungen abgeworfen. Noch in den Treibstoffleitungen der Raumfähre und der Triebwerke befindliche Treibstoffe werden durch Öffnen der Ventile in das Weltall abgelassen. Anschließend werden die Ventile wieder verschlossen. Die Triebwerke werden nun für den Raumflug nicht mehr benötigt und werden gesichert.


Beispiel eines Schubprofils anhand des Verlaufs von STS-1



Space Shuttle Steigflugphase
 T   00 m 00 s T - Zero
Zündung der Feststoffbooster
LIFTOFF
 T + 00 m 05 s Passieren des Turms der Startrampe
 T + 00 m 09 s Beginn des Rollmanövers
 T + 00 m 20 s Ende des Rollmanövers
 T + 00 m 30 s Schubdrosselung auf 67 %
 T + 00 m 55 s maximale aerodynamische Belastung (MaxQ)
 T + 01 m 05 s Schub auf 104 %
 T + 02 m 05 s Absprengung der ausgebrannten Feststoffbooster
 T + 07 m 40 s 3 g-Schubdrosselung
 T + 07 m 47 s 3 g Erdbeschleunigung erreicht
 T + 08 m 23 s Schubdrosselung auf 67 %
 T + 08 m 30 s Main Engine Cutoff (MECO)
 T + 08 m 36 s Schub erreicht 0 %


STS - 113 Atlantis 7 Sekunden nach dem Abheben am 23. November 2002
Main Engines No. 2050-2, 2056-2 und 2045-2 bei 104 % Schub



letztes Update: 11. September 2005, 20:34:07